11. April 2025
Der Mann fürs Filigrane
Der Neuroradiologe Dr. med. Hashim Jafarov komplettiert die Stroke Unit.

Es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Während seiner Ausbildung zum Facharzt für Radiologie war Dr. med. Hashim Jafarov für vier Monate in der Neuroradiologie im Einsatz. Das war am Universitätsklinikum in Mannheim. „Da habe ich zum ersten Mal erlebt, wie man als Radiologe direkt Patienten retten kann“, erzählt er. Dieses Gefühl hat ihn nicht mehr losgelassen. Es war klar: Er wollte Neuroradiologe werden.
Neuroradiologen sind wichtiger Bestandteil des Teams einer Stroke Unit, in der Schlaganfallpatienten behandelt werden. Sie sind es, die auf CT-Bildern erkennen, ob ein Gefäßverschluss die Ursache für den Schlaganfall ist. Und wenn ja, wo genau dieser Gefäßverschluss ist. Wenn Blutgerinnsel Gefäße im Gehirn „verstopfen“, werden die Zellen dort nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Nervenzellen sterben ab. „Sind kleinere Hirngefäße betroffen, können die Schäden weniger ausgedehnt, aber dennoch funktionell bedeutsam sein“, erklärt Dr. Hashim Jafarov. Stockt der Blutfluss in größeren Gefäßen, ist auch ein größeres Areal im Gehirn betroffen. In solchen Fällen können Neuroradiologen unter bestimmten Voraussetzungen mit einer sogenannten Thrombektomie helfen. Dabei wird ein Mikrokatheter unter Röntgenkontrolle bis zum Verschluss in der Hirnarterie vorgeschoben, um das Blutgerinnsel aus dem Hirngefäß herauszuziehen. In den meisten Fällen erfolgt der Zugang über die Leistenarterie (Arteria femoralis), seltener über die Armarterie (Arteria radialis). Eine filigrane Arbeit, die Dr. Hashim Jafarov absolut beherrscht.
Der 40-jährige Mediziner ist Facharzt für Radiologie und hat seine Weiterbildung zum Neuroradiologen gemacht. Diese Schwerpunktweiterbildung sowie seine Promotion hat er an der Universitätsmedizin Hamburg-Eppendorf abgeschlossen. Seit Ende des vergangenen Jahres ist Dr. Hashim Jafarov Leiter des Bereichs Neuroradiologie am Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel. Dank seiner Expertise kann die neu aufgebaute Stroke Unit des Uniklinikums das komplette Programm der Akuttherapie für Schlaganfallpatienten anbieten. Dazu gehört auch die systemische Thrombolysetherapie (Lyse), bei der Blutgerinnsel medikamentös aufgelöst werden. Dabei erhält der Patient ein Medikament, das die körpereigenen Prozesse zur Auflösung von Blutgerinnseln unterstützt. Dieses Verfahren darf nur angewendet werden, wenn keine Kontraindikationen wie Hirnblutungen oder andere relevante Blutungsrisiken vorliegen.
Egal, welches Verfahren in der Akuttherapie zum Einsatz kommt, eines ist beim Schlaganfall immer extrem wichtig: die Zeit. Je schneller der Patient behandelt werden kann, desto größer sind die Erfolge der Therapie. „Wenn die Thrombektomie innerhalb von sechs Stunden nach Symptombeginn erfolgt, sind die Erfolgschancen am höchsten, Nervenzellen zu retten“, erläutert Dr. Hashim Jafarov. Allerdings kennt er das Problem, dass die meisten Patienten die Symptome nicht sofort merken. „Manche wachen mit Symptomen auf. Da weiß man gar nicht, wie lange der Schlaganfall schon her ist“, sagt er. Aktuelle Leitlinien, basierend auf Studien, zeigen, dass Thrombektomien in ausgewählten Fällen auch bis zu 24 Stunden nach Symptombeginn wirksam sein können. Der Neuroradiologe mahnt eindringlich, dass Familienmitglieder, Freunde, Kollegen sehr aufmerksam sein sollten, wenn bei Menschen in ihrem Umfeld Symptome der Schlaganfallwarnzeichen auftreten wie plötzliche Gleichgewichtsstörungen oder Schwindel, Sehstörungen, Gesichtslähmungen, halbseitige Lähmungen, Sprachstörungen oder Verständnisprobleme.
Zur schnellen Erkennung von Schlaganfällen kann die sogenannte BE-FAST-Regel helfen (BE FAST steht im Englischen für „sei schnell“):
B = Balance: Treten Gleichgewichtstörungen auf?
E = Eye (Augen): Sieht eine Person plötzlich Doppelbilder oder hat Gesichtsfeldeinschränkungen?
F = Face (Gesicht): Hängt ein Mundwinkel?
A = Arm: Kann eine Person beide Arme heben oder sinkt ein Arm ab?
S = Speech (Sprache): Wirkt die Sprache verwaschen oder unverständlich?
T = Time (Zeit): Zögern Sie nicht – rufen Sie sofort den Notarzt (112)!
„Dann darf keine Zeit verloren werden. Man muss den Notarzt rufen – denn jeder Moment zählt: Time is brain“, betont der Experte.
Dr. Hashim Jafarov war zuletzt Leiter der Neuroradiologie im Allgemeinen Krankenhaus Celle. Für Brandenburg an der Havel hat er sich ganz bewusst entschieden. Er kann hier beim Aufbau der neuen Stroke Unit helfen. Er kann den Prozess von Anfang an mitgestalten. Außerdem hat er schon seit vielen Jahren den Wunsch, in der Region Berlin-Brandenburg sesshaft zu werden. Er folgt damit einer Familientradition. Dr. Hashim Jafarov stammt aus Aserbaidschan. Er wurde in der Hauptstadt Baku geboren. Benannt wurde er nach seinem Großvater, der während des 2. Weltkriegs mit der Roten Armee als Militärarzt nach Potsdam kam. Er blieb dort viele Jahre und half, die medizinische Versorgung nach dem Krieg wieder aufzubauen, wie sein Enkel erzählt. Hashim Jafarov studierte in Baku Medizin. Im Alter von 25 Jahren kam er nach Deutschland, ans Uniklinikum Mannheim, das zur Universität Heidelberg gehört. Heute wohnt der 40-Jährige in der Nähe von Potsdam – der alten Wirkungsstätte seines Großvaters – und geht in Brandenburg an der Havel seiner großen medizinischen Liebe nach: der Neuroradiologie.