28. April 2025
Für das gute Bauchgefühl
Die Fachärzte für Kinder- und Jugendgastroenterologie helfen jungen Patienten mit Beschwerden des Magen-Darm-Trakts.

Wenn es in der Bauchgegend zwickt, kann das viele Ursachen haben. In der Kinderklinik des Universitätsklinikums Brandenburg an der Havel finden junge Patienten und ihre Familien spezialisierte Unterstützung. Die Abteilung für Kinder- und Jugendgastroenterologie ist auf die Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts sowie der Leber und der Gallenwege spezialisiert. Das Team hat sich im vergangenen Jahr erweitert. Neben der Fachärztin für Kinder-und Jugendgastroenterologie Stefanie Lindstedt-Wolter ist nun auch Dr. med. Gábor Dunay in der Abteilung tätig und bietet Sprechstunden an. Aktuell macht der Kinderarzt eine Weiterbildung zur Zusatzbezeichnung „Facharzt für Kinder- und Jugendgastroenterologie“. Zuvor war er am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf tätig.
„Ich mag Bäuche!“, antwortet Stefanie Lindstedt-Wolter lachend auf die Frage, was sie an ihrer Profession fasziniert. Und sie mag ihren Fachbereich, der „sehr vielfältig“ sei. Die Kinder und Jugendgastroenterologie befasst sich mit einem breiten Spektrum an Beschwerden und Erkrankungen: von funktionellen Bauchschmerzen – also Beschwerden ohne nachweisbare organische Ursache – über Verstopfungen und Übelkeit bis hin zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Letztere können zu wiederkehrenden Bauchschmerzen, Durchfällen und Wachstumsstörungen führen. Auch Gedeihstörungen – ein Überbegriff für eine Reihe von kindlichen Entwicklungsstörungen, insbesondere bezogen auf das körperliche Wachstum – behandeln die Ärzte.
Zöliakie ist eine der häufigsten Erkrankungen bei Kindern, die in die Sprechstunden der Spezialisten kommen. Sie geht mit Gedeihstörungen, Bauchschmerzen und Durchfall einher. Es handelt sich um eine autoimmunologische Erkrankung. Autoimmunkrankheiten sind Erkrankungen, die das Immun- oder Abwehrsystem des eigenen Körpers hervorruft. Bei den Patienten besteht eine lebenslange autoimmune Reaktion gegenüber dem Klebereiweiß Gluten. Die gute Nachricht: Ernähren sich die Kinder oder Jugendlichen streng glutenfrei, verschwinden auch ihre Beschwerden. „Es bedeutet für die Patienten: Wirklich gar kein Gluten!“, sagt Stefanie Lindstedt-Wolter. Bretter und Messer müssen in der Küche ausgetauscht werden, es ist eine große Anpassung. „Aufklärung ist hier immens wichtig“, so die Medizinerin.
Die Diagnostik in der Kinder- und Jugendgastroenterologie setzt auf verschiedene Verfahren, die speziell auf die Bedürfnisse von Kindern abgestimmt sind. Ultraschalluntersuchungen ermöglichen es den Ärzten, ohne Sedierung rasch wichtige Befunde zu erlangen. Daneben gehören Magenspiegelungen (Gastroskopien), Darmspiegelungen (Ileokoloskopien) und die Kapselendoskopie, bei der man den Dünndarm darstellen kann, zum Alltag der Spezialisten. Bei Bedarf können die Ärzte dabei Gewebeproben entnehmen und durch Pathologen in der Klinik auswerten lassen.
H2-Atemtests ermöglichen den Fachärzten, eine Laktose- oder Fruktose-Malabsorption nachzuweisen – die Patienten vertragen in diesem Falle eins von beidem oder gar beides nicht gut. Durch eine zuverlässige Labordiagnostik können die Mediziner Entzündungen, Infektionen oder Stoffwechselstörungen erkennen.
Ein zentrales Element der kinder- und jugendgastroenterologischen Versorgung ist die enge Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen. Stefanie Lindstedt-Wolter und Dr. Gábor Dunay arbeiten regelmäßig mit Ernährungsberatern zusammen. Bei der Betreuung von Kindern mit Adipositas ist eine Abstimmung mit den Ernährungsberatern Teil des Behandlungskonzepts. Eine Fettleber-Erkrankung, die zunehmend auch bei Kindern auftritt, birgt hohe gesundheitliche Risiken.
Nicht selten führt der Alltag der Kinder- und Jugendgastroenterologen zu spannenden interdisziplinären Fallbesprechungen – zum Beispiel mit Kinderallergologen oder Kinderrheumatologen. Auch der Einfluss von Stress und psychischen Belastungen auf den Magen-Darm-Trakt wird ernst genommen. Denn: „Es gibt eine sogenannte Hirn-Darm-Achse“, sagt Stefanie Lindstedt-Wolter. Insbesondere bei einer Reizdarmsymptomatik ist es wichtig, das zu beachten. Methoden wie Entspannungsverfahren, psychotherapeutische Betreuung und eine Veränderung der Essgewohnheiten können hier unterstützend wirken.
Ein besonderer Anspruch der Abteilung liegt in der langfristigen Begleitung chronisch kranker Kinder. Bei Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa kommt es auch zu stationären Behandlungen. Kinder, die in Behandlung sind, werden mitunter über Jahre hinweg betreut. So entsteht ein enges Vertrauensverhältnis zwischen den Ärzten und den Familien, das es ermöglicht, den Krankheitsverlauf kontinuierlich zu überwachen und individuell anzupassen.
Für die jungen Patienten und ihre Familien ist es wichtig, dass sie trotz einer chronischen Erkrankung ihren Alltag weitestgehend normal gestalten können – ob beim Schulbesuch, beim Sport oder der Zukunftsplanung. Ein Beispiel: Trotz chronischer Darmerkrankung kann ein junger Patient von Stefanie Lindstedt-Wolter seinen Traumberuf, bei dem das Reisen eine große Rolle spielt, anstreben. „Das ist das Ziel“, sagt die Ärztin, „wir möchten, dass unsere Patienten trotz Krankheit ihr Leben genießen und ihre Träume verfolgen können“, betont Stefanie Lindstedt-Wolter.