13. März 2024
Heißer Dampf
Verfahren zur Behandlung einer vergrößerten Prostata am Uniklinikum Brandenburg
So groß wie eine Kastanie ist die Prostata des Mannes. Normalerweise. Im Alter – etwa ab dem 50. Lebensjahr – leidet nahezu jeder zweite Mann unter einer gutartigen Vergrößerung seiner Prostata. „Sie kann auf den Umfang einer Mandarine anwachsen, ohne dass es sich dabei um Krebs handelt“, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. Hendrik Borgmann, Klinikdirektor Urologie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel. Bei einer solchen Vergrößerung spricht der Experte von einer benignen Prostatahyperplasie, kurz: BPH.
Die Prostata umschließt einen Teil der Harnröhre. Je größer sie ist, desto höher ist der Druck auf die Röhre. Die Folge: Betroffene haben Probleme beim Wasserlassen. Sie müssen häufiger auf Toilette. Können aber trotzdem die Harnblase nicht komplett leeren. Das kann wiederum zu Harnblasenentzündungen führen. Nicht selten treten auch Erektionsstörungen auf. Sind die Probleme noch nicht allzu stark ausgeprägt, versuchen Mediziner in der Regel, mit pflanzlichen Präparaten oder Medikamenten Linderung zu verschaffen. Ziel ist es, den Harndrang zu reduzieren und das Wasserlassen zu erleichtern. Auch ein Blasentraining kann hilfreich sein. Dabei wird die Blase darin geübt, sich weiter zu dehnen, um mehr Urin aufnehmen zu können.
Halten die Beschwerden trotzdem an oder werden sogar noch schlimmer, ist ein operativer Eingriff eine denkbare Therapie. Um überschüssiges Prostatagewebe zu entfernen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Seit diesem Jahr wird im Universitätsklinikum eine neue, schonende Methode angeboten: die Wasserdampfablation, auch Rezum genannt.
Prof. Dr. Hendrik Borgmann erklärt dieses Verfahren: „Wir führen eine Sonde in die Harnröhre ein.“ Hat sie die richtige Position erreicht, fährt eine Kanüle aus, die heißen Wasserdampf ausstößt. „Die Hitze verbrennt das überschüssige Gewebe und lässt die gutartigen Prostatazellen absterben“, so der Facharzt für Urologie. Diese Therapie ist auch unter Lokalanästhesie möglich und belastet den Patienten vergleichsweise wenig. Wie der Fachmann erklärt, wird die Kontinenz des Patienten nicht beeinträchtigt, weil der Eingriff in einiger Entfernung vom Schließmuskel vorgenommen wird. Außerdem sei das Verfahren „ejakulationserhaltend“. Das heißt, dass der Samenerguss des Patienten nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Bei herkömmlichen Operationsmethoden wie TURP könne es passieren, dass Muskeln geschädigt werden und der Samenerguss in der Blase stattfindet.
TURP – das bislang klassische Verfahren – steht für Transurethrale Resektion der Prostata. Transurethral meint, dass der Eingriff über die Harnröhre erfolgt. Mittels einer elektrisch geladenen Drahtschlinge werden Teile der Prostata Schicht für Schicht abgetragen. Das kann etwa anderthalb Stunden dauern. Die Wasserdampfablation ist da deutlich schneller. Das eigentliche Entfernen des Prostatagewebes dauert nach Angaben von Prof. Dr. Hendrik Borgmann lediglich zehn Minuten. Empfehlenswert sei das Verfahren bei einer Prostata mit einem Volumen von 30 bis 80 Millilitern. Alles was darüber hinausgeht, sollte eher mit einem Laser behandelt und verkleinert werden, meint der Experte. Es müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, welches die beste Therapie für den Betroffenen ist. Mit der Wasserdampfablation kann das Universitätsklinikum den Patienten eine lohnende Alternative anbieten – neben TURP und Laserbehandlung. „Damit sind wir sehr gut aufgestellt“, betont der Klinikdirektor. In Deutschland bieten lediglich fünf Prozent der Krankenhäuser die Wasserdampfablation an. Zehn Prozent haben die Laserbehandlung im Programm.
An der urologischen Klinik in Brandenburg an der Havel werden pro Jahr rund 200 Eingriffe an einer vergrößerten Prostata vorgenommen. In gut 20 Prozent der Fälle könnte die Wasserdampfablation eingesetzt werden. Die Patienten bleiben nach einer solchen Operation zwei Tage lang im Krankenhaus. Mögliche Komplikationen sind Blutungen und Harnwegsinfektionen. „Perspektivisch kann die Behandlung auch ambulant erfolgen“, sagt Prof. Dr. Hendrik Borgmann. Nach dem Eingriff sollten die Patienten viel trinken für einen guten Harnfluss. Und sie sollten vier Wochen lang aufs Fahrradfahren verzichten.