10. Juni 2024

Der nächtliche Unruhestifter

Schnarchen – woran es liegt und ab wann es ein Fall für den HNO-Arzt ist

„Meine Herren – du hast letzte Nacht wieder ganze Wälder abgesägt!“ Sätze wie diesen bekommen Menschen, die schnarchen, so manches Mal zu hören. Rhonchopathie nennen Experten die Schnarchstörung. Als besonders nervig wird sie in erster Linie vom Umfeld des Schnarchers empfunden. Die hörbaren Atemgeräusche können aber auch für den Betroffenen selbst zur gesundheitlichen Belastung werden.

Wenn jemand trotz normaler Schlafhygiene – zu der unter anderem regelmäßige Zeiten zum Schlafengehen und ausreichende Schlafdauer gehören – am Morgen Kopfschmerzen hat und sich müde fühlt, dann sollte ein Arzt aufgesucht werden. So die Empfehlung von Dr. med. Andreas Wichterei, Leitender Oberarzt der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Gesichts- und Halschirurgie am Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel. Die Tagesmüdigkeit kann ein Hinweis auf die sogenannte obstruktive Schlafapnoe sein. Betroffene bekommen schlecht Luft, leiden sogar unter längeren Atemaussetzern und schnarchen meist sehr laut. „Bei einer unbehandelten Schlafapnoe hat der Patient eine um zehn Jahre kürzere Lebenserwartung“, erläutert der Experte des Uniklinikums. Denn die Atemaussetzer wirken sich negativ auf das Herz-Kreislauf-System aus.

Dr. Andreas Wichterei bietet eine Sprechstunde für „Schlafbezogene Atemstörungen“ an. Patienten mit einer Überweisung von ihrem HNO-Arzt können sich hier einen Termin holen. Um die Ursachen der nächtlichen Ruhestörung zu ermitteln, befragt der Leitende Oberarzt die Patienten zunächst nach ihren Schlafgewohnheiten, nach Problemen beim Einschlafen oder auch nach eventueller Tagesmüdigkeit. Außerdem checkt er den Rachenraum und die oberen Atemwege, ob es womöglich „anatomische Probleme gibt“, wie der Facharzt für HNO-Heilkunde erklärt. Dazu gehören verstopfte Nasennebenhöhlen oder eine verkrümmte Nasenscheidewand. Ursache fürs Schnarchen können aber ebenso vergrößerte Gaumenmandeln, ein überdimensioniertes Gaumenzäpfchen oder ein zu großer Zungengrund sein. Solche Probleme lassen sich operativ behandeln. „Wenn der Patient es möchte“, so Dr. Andreas Wichterei. Denn in der Therapie des Schnarchens gebe es kein Allheilmittel und auch „kein Versprechen, dass man das Schnarchen auf Dauer loswird“.

In der nächsten Stufe der Diagnostik bietet die Sprechstunde in der HNO-Klinik ein mobiles Screening an. Dabei werden einige Schlaf-Parameter des Patienten in seinem gewohnten Umfeld aufgezeichnet, beispielsweise seine Pulsfrequenz, die Körperlage beim Schlafen, die Sauerstoffsättigung und eben auch eventuelle Atempausen als Hinweis auf eine Schlafapnoe. Zeigen sich Auffälligkeiten, geht es für den Patienten zum Check ins Schlaflabor im Uniklinikum. Spätestens dann kann die gefährliche obstruktive Schlafapnoe sicher diagnostiziert werden.



Dr. Andreas Wichterei betont, dass Schnarchen an sich – ohne Atemaussetzer – nicht gefährlich ist. „Da genügen manchmal schon ein paar kleine Tricks, um etwas dagegen zu tun“, sagt er. Dafür sei es wichtig zu wissen, was beim Schnarchen eigentlich passiert. Im Schlaf entspannen sich die Muskeln – auch die im Mund und Rachen. Wenn dann die Zunge etwas zurückfällt und auch der Gaumen erschlafft, behindert das den Luftstrom. So entsteht das Schnarchgeräusch. Wer beim Schlafen von der Rücken- in die Seitenlage wechselt, mindert das Risiko des „lauten Atmens“. Helfen können dabei spezielle Westen, die den Körper in der Seitenlage halten. Wer das als unangenehm empfindet und unbedingt auf dem Rücken liegen möchte, sollte darauf achten, dass der Oberkörper leicht erhöht gelagert wird. Grundsätzlich gilt: kein Alkohol vor dem Schlafengehen sowie möglichst keine Schlaf- und Beruhigungsmittel. Denn sie machen die Muskeln nur noch schlaffer.

Umgekehrt ist so manches möglich, um die „schlaffen“ Muskeln zu trainieren. Am einfachsten ist es wohl – zu singen. Aber nicht erst in der Nacht. Britische Wissenschaftler haben in einer Studie nachgewiesen, dass tägliches Singen die Rachenmuskulatur stärkt und so die Schwere und Lautstärke des Schnarchens reduziert. Es geht aber auch mit Hightech. Dann übernehmen Elektroden durch Vibration das Training der Zungen- und Mundbodenmuskulatur. Eine weitere Alternative sind Zahnschienen, auch Schnarchschienen genannt. Sie schieben den Unterkiefer leicht nach vorn und verändern die Lage der Zunge. Das Atmen wird einfacher.

„In der Therapie der obstruktiven Schlafapnoe ist die Atemmaske der Goldstandard“, erläutert Dr. Andreas Wichterei. Die Maske sorgt für einen gleichmäßigen Luftstrom bei leichtem Überdruck. Der öffnet den Schlund beim Einatmen und reduziert dadurch die Anzahl der Atemaussetzer. Die Masken werden für jeden Patienten speziell angepasst. Nach Einschätzung des Experten wird die Technik der Masken immer besser. Mehr Tragekomfort, weniger Belastung.

Noch relativ neu auf dem Markt ist die Implantation eines Zungenschrittmachers. Dafür werden zwei Elektroden unter die Haut implantiert: eine im Zungenbereich und eine an der Atemmuskulatur an den Rippen. Hinzu kommt der Schrittmacher, der dafür sorgt, dass passend zum Atemrhythmus des Patienten der Zungennerv stimuliert und die Schlundmuskulatur angespannt wird. Alles, um gut durchatmen zu können. Und leiser.

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