19. September 2024
Künstliche Intelligenz als Hilfsmittel
2. Digital Health Summit fand Ende August in Brandenburg statt
Neue Perspektiven für eine KI-gestützte Urologie wurden auf dem 2. Digital Health Summit deutlich, der am 29. und 30. August in Brandenburg an der Havel stattfand. Privat-Dozent Dr. med. Severin Rodler berichtete unter dem Titel „Ein Zentrum für KI-gestützte Urologie“ über Erfahrungen, die er bei einem einjährigen Forschungsaufenthalt in Los Angeles gewinnen konnte. Die dortige Einrichtung ist weltweit führend bei der Einbindung von Künstlicher Intelligenz in die Medizin.
Verfahren, bei denen KI in der Röntgendiagnostik genutzt wird, um die Bilder auf Tumor-Verdachtsfälle zu sichten, sind bereits weit verbreitet. Die Forscher in Kalifornien gehen weiter, wie PD Dr. med. Severin Rodler vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel ausführte: Sie führen in einer gemeinsamen Datenbank die strukturiert aufbereiteten Patientendaten zusammen mit der verfügbaren Fachliteratur inklusive der Leitlinien und den Daten der Bilder aus Radiologie und Pathologie. Die Künstliche Intelligenz greift auf den gesamten Datenpool zurück und gibt Therapieempfehlungen aufgrund der Bilder, der kompletten Patientengeschichte und des aktuellen Forschungsstands. Diese Empfehlungen wiederum sind Grundlage für die Entscheidung der Tumorboard-Konferenz. Das Expertengremium mit Vertretern verschiedener Fachrichtungen nutzt die KI bei der Entscheidungsfindung, ist an deren Vorschläge aber nicht gebunden.
„Die Künstliche Intelligenz ist ein Hilfsmittel, das zusätzlichen Input bietet“, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. Hendrik Borgmann, Direktor der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel. Er kooperiert mit PD Dr. med. Severin Rodler schon seit längerer Zeit in der Forschung, unter anderem bei der Entwicklung der App Uroletics für Patienten mit Prostatakrebs, die als digitales Hilfsmittel Patienten mit Belastungsinkontinenz und erektiler Dysfunktion unterstützt. Um in Deutschland eine KI-Unterstützung in der beschriebenen Form zu erreichen, so Professor Hendrik Borgmann, brauche es noch einiges an Forschungsförderung.
Zum Digital Health Summit waren gut 100 Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet nach Brandenburg an der Havel gekommen. Der Tagungsort war das Auditorium Maximum der Technischen Hochschule Brandenburg. Es ging um vier Themenkomplexe: Künstliche Intelligenz, Telemedizin, Augmented/Virtual/Mixed Reality sowie Gesundheits-Apps. Am ersten Tag wurden die Themen in einer Reihe von Vorträgen und interdisziplinären Sessions vorgestellt. Am zweiten Tag folgten Runden, in denen themenspezifische Konsensuspapiere erarbeitet wurden, die den aktuellen Forschungsstand zusammenfassen, zukünftige Entwicklungen benennen sowie die dafür notwendigen Mittel.
Mit der Konferenz sei man bundesweit auf dem Gebiet Digital Health absoluter Vorreiter, sagte Univ.-Prof. Dr. med. Hendrik Borgmann. Insbesondere sei es von Bedeutung, dass erstmals in einer Konsensuskonferenz die Experten aus Wissenschaft und Kliniken zusammengekommen seien, um einen gemeinsamen Diskussionsstand zu erarbeiten. „Die Konsensuskonferenz war sogar eine Weltpremiere“, betonte Professor Hendrik Borgmann. Das könne zur Grundlage werden, um den digitalen Wandel in der Medizin in Deutschland voranzubringen.
Im Vorjahr hatte es bereits eine Auftaktveranstaltung gegeben, das Digital Health Symposium, mit Impulsvorträgen zu den Themenbereichen digitale Urologie, Digital Surgery Solutions und digitale Applikationen, damals noch im Veranstaltungszentrum „Werft“ am Havelufer.