26. September 2025

Wenn die Stimme hörbar altert

Oberärztin Dr. med. Manja Jolie erklärt, was dagegen hilft.

Alter und Verschleiß – davon bleibt leider auch die Stimme nicht verschont. Sie altert mit. Spannend ist, dass die Stimmen von Frauen und Männern unterschiedlich altern. Kommen Frauen in die Wechseljahre, verändert sich ihr Hormonhaushalt. „Der Östrogenspiegel sinkt, das Bindegewebe wird schwächer. Das wiederum beeinflusst den Stimmapparat“, erklärt Dr. med. Manja Jolie, Oberärztin in der Klinik für HNO, Gesichts- und Halschirurgie am Uniklinikum. Die Stimme wird etwas tiefer. Bei Männern wiederum erhöht sich die Sprechstimmlage im Alter. Die Stimmlippenmuskulatur wird geringer und das mindert das Volumen der Stimmlippen. Außerdem werden alternde Stimmen – egal ob Frau oder Mann – heiser, teilweise belegt oder sie klingen leise.

Dr. Manja Jolie, Fachärztin für HNO-Heilkunde sowie für Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen, ordnet der Stimme verschiedene Qualitäten zu. Ist die Stimme „behaucht“, so gibt das schon einen entscheidenden Hinweis, welche Ursache die Heiserkeit haben kann. Die Stimmlippen, der Ort des primären Stimmsignals, schließen nicht mehr richtig. „Wenn man dann spricht, geht Luft verloren und die Stimme klingt heiser“, erklärt die Oberärztin. Das kommt bei der Presbyphonie vor. Damit ist die Altersheiserkeit gemeint. Für Betroffene wird das Sprechen anstrengend, in ausgeprägten Fällen ist die Stimme brüchig und die Stimmlautstärke reduziert.

Die Stimmlippen sitzen im Kehlkopf. Sie liegen wie die Lippen eines Mundes einander gegenüber. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden sie oft als die Stimmbänder bezeichnet. Dabei sind die wirklichen Stimmbänder zwei elastische Bänder im Inneren der Stimmlippen und neben dem Stimmmuskel (Musculus vocalis) und der bedeckenden Schleimhaut (Epithel) nur ein Bestandteil der Stimmlippen. Schleimdrüsen sorgen dafür, dass die Schleimhaut feucht gehalten wird, was für eine gesunde Stimmgebung wichtig ist.

Es ist ein perfekt „geöltes“ System. Die Funktion dieses Systems kann allerdings durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst werden. So nimmt beispielsweise die Aktivität der Schleimdrüsen im Alter ab. Die Folge: Die Stimmlippen werden trocken, die Beweglichkeit der Schleimhaut ist reduziert und die Stimme wird heiser. Krebserkrankungen wiederum können dazu führen, dass Teile der Stimmlippen entfernt werden müssen und sie so nicht mehr richtig schließen. Mediziner sprechen dann von einer Schlussinsuffizienz. Auch bei einer Stimmlippenlähmung, die bei einer Schädigung des Stimmlippennervs auftritt, kommt es oft zu einer Schlussinsuffizienz.

Viele Veränderungen an den Stimmlippen und somit an der Stimme lassen sich mit gezielten Übungen beim Logopäden ausgleichen. Ist diese Option aber ausgeschöpft und es liegt eine Schlussinsuffizienz vor, die für den Patienten sehr belastend ist, kann ein kleiner chirurgischer Eingriff helfen. Gemeint ist eine Stimmlippenaugmentation oder auch Injektionsglottoplastik.

Das bedeutet, dass in die Stimmlippen Material eingespritzt wird, das ihnen wieder mehr Volumen gibt. Am Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel werden dafür zwei Methoden angewandt. Zum einen kann das Präparat Radiesse® verwendet werden. Es enthält Calciumhydroxylapatitein mineralischer Bestandteil, der natürlich in menschlichen Knochen vorkommt. „Dieses Material ist sehr gut verträglich“, betont Dr. Manja Jolie. Zum anderen ist es auch möglich, dass eigenes Körperfett aus dem Bauch oder aus den Oberschenkeln des Patienten gewonnen und in die Stimmlippen gespritzt wird. Wie die Oberärztin erklärt, kümmert sich Dr. med. Minh Tung Cao, der Leiter der Abteilung für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, um die Entnahme des körpereigenen Fetts. Pro Injektion für eine Stimmlippe wird etwa ein Milliliter Fett gebraucht.

Die Injektion übernehmen dann die Experten der HNO-Klinik. Während der Patient unter Vollnarkose ist, bahnt sich der Operateur mit einem dünnen Rohr – einem sogenannten Kleinsasser-Rohr – den Weg vom Mund bis zum Kehlkopf. „Unter mikroskopischer Sicht spritzen wir dann das Material in die Stimmlippen ein“, sagt Dr. Manja Jolie. Dieser Eingriff dauert bei der Verwendung von Radiesse® gerade mal zehn Minuten. Beim Einsatz von körpereigenem Fett sind es inklusive der Fettentnahme etwa 30 Minuten. Nach der OP haben die Patienten einen Tag „Stimmruhe“. Sie dürfen nicht sprechen, damit das Material bleibt, wo es ist, und nicht aus dem Stichkanal der Kanüle wieder austritt.

Kurz nach dem Eingriff sind die Patienten noch etwas heiser. Das gibt sich mit der Zeit. Eine erneute logopädische Therapie unterstützt den Heilungsprozess. Die Wirkung der Injektion hält etwa ein bis drei Jahre an. So lange haben die Stimmlippen das gewünschte Volumen. Werden die Stimmlippen dünner und die Stimme wieder heiser, kann erneut injiziert werden. Oberärztin Dr. Manja Jolie betont allerdings, dass diese Injektionen kein Allheilmittel für sämtliche Stimmlippenprobleme sind. Es kann nur ein gewisses Volumen wiederhergestellt werden.

 

Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Gesichts- und Halschirurgie

Oberärztin
Dr. med. Manja Jolie

Phoniatrische Sprechstunde
Montags von 13 bis 15 Uhr

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